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Angstbewältigung, Teil 1
Die Angst reitet mit
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(R. Schneider) — Der Pulsschlag trommelt im Hals, der Magen zieht sich zusammen, Schweiß bricht aus und die Zeit steht still. Arme und Beine reagieren nicht auf die Anweisungen des Gehirns. Der Körper macht einen Alleingang, geleitet von der Angst. Ob das mulmige Gefühl beim Führen oder der Kontrollverlust auf dem Rücken eines panischen Durchgängers – Angst hat bei Reitern viele Gesichter. Wie Sie solche Situationen oder ungute Gefühle in den Griff bekommen können, erklären Ausbilder und Therapeuten in der neuen Serie Angst zu Pferd.

Noch schnell einen Gang zur Toilette, bevor es in die Springstunde geht. Feuchte Hände werden an der Reithose abgestreift ehe sie in den Handschuhen verschwinden. Der große Braune streckt den Kopf in die Höhe und spannt seine Muskeln an. Er reagiert auf die angespannte Körperhaltung seiner Reiterin, deren Herz rast, Atem stockt und Muskeln mit Adrenalin geflutet sind. Die Angst ist ihr in die Knochen gefahren, was in ihrer verkrampften, nach vorne gebeugten Körperhaltung zum Ausdruck kommt.

Doch nicht nur Reiter, sind davon betroffen: Etwa zehn Prozent der Allgemeinbevölkerung leidet unter behandlungsbedürftigen Ängsten. Im gesunden Zustand versetzt sie den Menschen in einen Alarmzustand und erleichtert es ihm Situationen zu bewältigen, in denen er sich noch nicht ganz sicher fühlt. „Angst gehört zur menschlichen „Grundausstattung“ an Gefühlen und ein gewisses Maß ist durchaus gesund: Sie bewahrt einen vor lebensgefährlichen Situationen“, erklärt Professor Dr. Wolfgang Miltner. Laut dem Psychologen der Universität Jena ist aber nicht immer das Pferd Furcht-Auslöser: „Symptome wie feuchte Hände oder Durchfall vor der Reitstunde können auch auf sozialen Ängsten oder Phobien beruhen: Befürchtungen, sich in der Reitstunde zu blamieren und vor Zuschauern oder dem Lehrer blöd auszusehen, können die Übeltäter sein. Solche Gefühle haben jedoch mit einem niedrigen Selbstwertgefühl zu tun und nicht unbedingt mit dem Tier.


 

Die Angst fungiert als Warnsignal. Doch ist sie so groß, dass sie mit starken körperlichen Symptomen einhergeht, ist logisches Denken und Handeln schwer oder gar unmöglich – auf dem Pferderücken kann das fatele Folgen haben.
Unter Pferdefreunden wird die Angst oft durch mangelndes Wissen der Reiter und die daraus entstehenden Problemsituationen mit dem Pferd hervorgerufen. Dazu kommt die bedrohliche Größe und Kraft des Tieres. Ist ein Reiter nicht mehr Herr der Situation, geht ein Pferd durch, reißt sich los, drängelt beim Führen oder tänzelt über den Reitweg, so hat das Tier die Führung übernommen. Schlechte Erfahrungen, Hilflosigkeit und Reitlehrer, die nicht auf die Ängste der Schüler eingehen, steigern das Unwohlsein der Reiter. Ob Profi oder Laie – der Ausbildungsstand von Reiter und Pferd sowie deren Charaktere müssen miteinander harmonieren.

Wird der Weg in den Stall aber nur noch mit Magenschmerzen bewältigt
oder werden die Knie weich wenn’s ans Aufsteigen geht, dann sollten Sie etwas unternehmen, um wieder Spaß zu haben. „Ist es einmal so weit gekommen, muss der Reiter abwägen, ob er aufhören oder dran arbeiten und seine Unsicherheiten ablegen möchte“, rät Professor Dr. Miltner. Entscheiden Sie sich dafür, den Kampf gegen die Angst aufzunehmen, bieten Gesundheitslehren wie Meditation, Entspannungsübungen, Seminare rund ums Thema Reiten und Angst, Atemtherapien, Feldenkrais-Kurse, Sicherheits- und Falltraining am Pferd, Kinesiologie, eine solide Grundausbildung auf dem Pferderücken sowie Schulungen zur Verbesserung des eigenen Sitzes, Hilfestellung.
„Wirf dein Herz über das Hindernis, das Pferd springt ihm nach“ – so lautet ein altes Sprichwort. Doch hat ein Reiter einen Sturz oder eine andere schlechte Erfahrungen gemacht, ist dies leichter gesagt als getan. Viel Zeit und positive Erlebnisse sind dann nötig, um die Angst durch Vertrauen zum Pferd und zu sich selbst zu ersetzten. Hilfreich ist hier die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Ausbilder.

Sally Swift – mutig durch „Reiten aus der Körpermitte
Gründerin dieser Lehre, Sally Swift, verhilft Reitern durch fundiertes Wissen über Anatomie des Pferdes und Menschens, der richtigen Körperhaltung, Einfühlungsvermögen und mentaler Vorstellungskraft zu einem harmonischen und sicheren Ritt. Imaginäre Bilder, die sie ihren Schülern mit auf den Weg gibt, stehen im Zentrum ihrer Methode. Im FS-Zentrum Reken stellte die Amerikanerin Susan Harris, Swifts Lehre unter dem Thema „Angst“ vor.
„Sitzen Reiter nicht im Gleichgewicht auf dem Pferderücken oder reiten sie ein Pferd, das für ihren Ausbildungsstand zu anspruchsvoll ist, so fühlen sie sich unsicher oder haben Angst. In letzterem Beispiel ist die Sorge sogar berechtigt und der Reiter sollte sich einen Lehrer, Ausbilder fürs Pferd oder schlimmsten Falls ein anderes Pferd suchen“, kommentiert Harris die ungünstige Kombination von Reiter und Pferd. Neben dem Pferd spielt der Lehrer, dem der Schüler vertrauen muss, eine wichtige Rolle. Er darf die Angst des Reiters nicht ignorieren. „Ich richte mit meinen Schülern ein ‘Vertrauenskonto’ ein: Gute Erfahrungen werden auf der Haben-Seite, schlechte auf der Soll-Seite gebucht. Ist das Konto im Plus hebe ich das Unterrichts-Level ein wenig an. Zusammen mit den Schülern lege ich zusätzlich eine Gefühls-Skala von null bis fünf fest. Bei null würde ein Schüler zum Beispiel heulen und absteigen, bei fünf los galoppieren. Anhand der Skala können mir die Schüler so ihr Angst-Level mitteilen. Alle Erfahrungen, die unter drei auf der Skala fallen – die auch nur äußerst selten vorkommen sollten – werden auf der Soll-Seite gebucht. Durch diese Vorgehensweise richten die Reiter ihre Aufmerksamkeit nicht nur auf das Pferd, sondern auf sich selbst“, erläutert Susan Harris das Lehr-System. Durch folgende Säulen, auf denen Swifts Lehre basiert, und deren Übungen können Sie Ängste ab- und Vertrauen aufbauen:

1. Atmen, bis in die Fußspitzen
Ein stetiger, tiefer Atmen beruhigt – Reiter und Tier. Pferde sind sensibel und merken sofort, wenn der Reiter vor Angst die Luft anhält. Um richtig Atmen zu lernen, muss man jedoch vorerst die physikalischen Abläufe, die dabei entstehen, verstehen. Neben dem Wissen, dass das Zwerchfell durch einen großen Muskel nach unten gezogen wird und so wie ein Blasebalg Luft in die Lungen pumpt, vermittelt Swift Bilder, die nervöse Reiter zur Ruhe kommen lassen. Übung 1: Atmen sie tief ein, bis in ihren Bauch. Was sie spüren ist nicht die Luft, die in ihren Körper dringt, sondern der große Muskel an der inneren Seite der Wirbelsäule, der das Zwerchfell bewegt. Durch gezieltes Einatmen können Sie einzelne Muskelpartien wahrnehmen und entspannen. Übung 2: Reiten Sie Schritt und stellen Sie sich vor, sie sind durchsichtig wie eine Plastikpuppe. Die ganze Luft um Sie herum ist blau. Atmen sie tief ein. Füllen Sie Sitzknochen, Becken, Wirbelsäule, Fußspitzen, Schultern und Kopfpartien mit dem farbigen Sauerstoff, werden Sie sich ihres Körpers bewusst. Haben Sie ein triebiges Pferd, können Sie einige Sektblasen mit hinein mixen. Übung 3: Halten Sie aus Unsicherheit die Luft an, dann zählen Sie laut den Takt des Pferdes mit oder summen sie ihn. Dadurch wird ihre Atmung gleichmäßig und das Pferd ruhiger. Springreiter sollten während des Sprungs ausatmen.

2. Stirnruntzeln verboten
Blicke können starr auf ein Objekt gerichtet oder umfassend und weich sein. Viele Menschen reiten mit zusammengekniffenen Augen, gerunzelter Stirn und tief heruntergezogenen Augenbrauen, was zu Verspannungen im ganzen Körper führt. Durch die Veränderung ihres Blicks, beeinflussen Sie ihre ganze Körperhaltung und die Kommunikation mit ihrem Pferd. Übung 1: Halten Sie ihr Pferd an, sitzen Sie still und schauen Sie einen Gegenstand genau an. Konzentrieren Sie sich auf dessen Konturen, Form, Umfang und Farbe. Das ist, was ich unter harten, starren Augen verstehe. 2. Übung: Entspannen Sie jetzt die Augen und lassen sie das Objekt im Mittelpunkt ihres Blickes. Sehen Sie es an und beziehen sie nun alle peripheren Wahrnehmungen in ihren Blickfang mit ein. Die unter, über und neben Ihnen. Ihr Körperausdruck wird sich dadurch positiv verändern. Starrt man auf die Pferdeohren ist der Blick hart. Schaut man aber weit über die Ohren des Tieres hinweg ist er weich und ermöglicht dem Reiter die Bewegungen des Pferderückens leichter zu spüren.

3. Unterm Bauchnabel liegt die Mitte
Viele Menschen sind kopf- oder vorderlastig, atmen meist flach in die Brust und verlagern ihren Schwerpunkt so in den Brustkorb. Je höher der Schwerpunkt liegt, um so unsicherer fühlt sich ein Mensch auf dem Pferderücken. Reiter befinden sich dann häufig hinter ihrem Balancepunkt und kommen dadurch hinter die Bewegung des Pferdes. Würden sie ihre Mitte richtig platzieren, könnten sie im Gleichgewicht sitzen und mit der Bewegung des Pferdes mitgehen. Übung 1: Zeigen Sie mit Ihrem Finger an eine Stelle zwischen Bauchnabel und Schambein. Auf dieser Höhe an der vorderen Seite Ihrer Wirbelsäule liegt ihr Zentrum der Balance. Übung 2: Stellen Sie sich vor, es liegen Gewichte in ihrer Körpermitte. Sie ist die schwerste Stelle in ihrem Körper, die Sie sicher im Sattel hält. Nichts kann sie von dort vertreiben. Atmen Sie in Ihre Körpermitte hinein und machen Sie sich immer wieder ihres Schwerpunktes bewusst.

4. Balance durch Bauklötze
Der menschliche Körper wird in fünf Bausteine unterteilt: Kopf, Schulter, Rumpf, Hüfte/Becken und Beine. Um einen geraden und effektiven Sitz zu erhalten, müssen diese Bausteine richtig aufeinander gestapelt werden. Falsch ausbalanciert werden sie instabil und fallen in sich zusammen. Dies hängt aber auch von der Steigbügellänge und Sattelform ab. Beim Springen oder Jagdgalopp-Reiten müssen jeweils nur zwei Bausteine aufeinander liegen.
In den nächsten Teilen, der Reiter Revue Angst-Serie, stellen Ihnen Atemtherapeut Adalbert Halt, Sozialpädagogin und Buchautorin Gine Willrich, Susanne von Dietze, Autorin des Buches „Balance in der Bewegung“, Pferdetrainer Peter Pfister, Michael Baxter der Rehaklinik Revito in Warendorf und Jochen Schumacher, Leiter des FS-Zentrum Reken, praktische Tipps zur Angstbewältigung vor.
Rika Schneider

Buchtipp
Ihr Basisbuch „Reiten aus der Körpermitte“ wurde über 50.000 mal in Deutschland verkauft und ist noch immer in den Verkaufsregalen zu finden. Ihr zweiter Band, ein in sich abgeschlossenes Praxisbuch, erscheint Ende Oktober und beschreibt wie Reiter durch die richtige Wahrnehmung und durch praktische Übungen Perfektion im Sattel erlangen.
• Müller Rüschlikon-Verlag, Sally Swift, „Reiten aus der Körpermitte“ Band 1 (ISBN: 3-275-00956-7, € 30,00) und Band 2 (ISBN: 3-275-01406-4, € 34,90)

 

(erschienen in der Reiter Revue)



Funktion des Gehirns:
Nimmt der Mensch eine Gefahr wahr, so geht diese Information direkt zum Furchtzentrum (Amygdala), das dann die typischen Angstreaktionen wie Herzrasen, feuchte Hände oder Zittern auslöst. Erst nach dieser Reaktion schaltet sich das Bewusstsein ein. Die Informationen werden im Thalamus sortiert und dann an die zuständigen Hirnareale weiter geleitet. Die Entscheidung, ob die Situation nun gefährlich oder ungefährlich ist, trifft dann die Großhirnrinde. Ob die Angstreaktion abklingen oder aufrechterhalten werden soll am Ende der Frontlappen, bevor der Hippocampus das Gesamtereignis speichert.

Wie macht sich Angst bemerkbar?
Körperlichen Symptomen, die immer mit der Angst einher gehen sind Schwindel, Schweißausbrüchen, Verkrampfungen, Zittern, Herzrasen, Denk- und Wahrnehmungsstörungen, Übelkeit, Durchfall oder Atemnot. Der Angstgrad bestimmt die Intensität der Symptome.

Was für Ängste gibt es?
• Panikattacken: Sie entstehen ohne äußeren Anlaß
• Generalisierte Angstzuständen: Ohne Behandlung halten sie oft jahrelang an
• Phobien: Sie werden durch ungefährliche Auslöser hervorgerufen

 

 

 

Quelle Rika Schneider

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