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Das
Landgericht Frankenthal hat mit Urteil vom 04.05.2017 einen Pferdekauffall
zu entscheiden. Im Kaufvertrag wurde der Gesundheitszustand vereinbart,
der sich aus der tierärztlichen Kaufuntersuchung durch den
Tierarzt Dr. K ergebe, der Inhalt des tierärztlichen Berichts
sei Gegenstand dieses Kaufvertrages; der dort festgestellte Gesundheitszustand
des Pferdes bestimme die gesundheitliche Beschaffenheit. Zudem
wurde festgehalten, dass das Pferd, während es sich im Besitz
der Beklagten befand, keine Krankheiten gehabt habe. Sodann wurde
ein vollumfänglicher Gewährleistungsausschluss vereinbart,
ausgenommen Schadensersatzansprüche aus Mängelhaftung,
die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung
der Pflichten der Verkäuferin beruhen. Bereits im Inserat
hatte die Beklagte auf eine Fehlstellung des Pferdes im Bereich
des linken Vorderbeines hingewiesen. Vor Kaufvertragsschluss hatte
der Kläger das Pferd probegeritten, jedoch keine Beeinträchtigungen
festgestellt. Die Parteien hatten anlässlich der bekannten
Fehlstellung des Pferdes vereinbart, dass eine tierärztliche
Ankaufsuntersuchung durchgeführt werden solle. Die Beklagte
hatte absprachegemäß die Organisation dieser Untersuchung
übernommen. Neben dem Tierarzt war bei der Untersuchung nur
die Beklagte, nicht aber der Kläger anwesend. Im Anschluss
an die Untersuchung hatte die Beklagte dem Kläger eine E-Mail
übersandt, in der sie mitteilte, dass das Pferd vorne rechts
"sowas wie einen sog. Wendeschmerz gezeigt" habe, außerdem
vorne links "nach der Beugeprobe leichtes Lahmen" aufgetreten
sei und "im Röntgenbild [ ... ] die Fehlstellung deutlich
zu sehen" sei, ferner hätte der Tierarzt gemeint, "es
könnte sich mal irgendwann vorne eine Hufrolle entwickeln".
Außerdem hatte sie in der E-Mail Dr. K dahingehend wiedergegeben,
dass er gemeint habe, es wäre schwer zu sagen, woher der
Wendeschmerz gerade komme und hinsichtlich der Fehlstellung am
linken Vorderbein sei er "erstaunt dass das doch so gut aussieht",
und dass bei Pferden dieser Rasse und dieses Alters eigentlich
fast alle so aussähen. Der tierärztliche Bericht beziehungsweise
das Untersuchungsprotokoll hat bei Vertragsschluss den Parteien
noch nicht vorgelegen. Ausweislich des Protokolls hatte das Pferd
bei der Untersuchung einen deformierten Huf vorne links sowie
eine Delle an der Schulter aufgrund eines alten Muskelfaserrisses,
zudem hatte es vorne links geringgradig gelahmt nach einer Belastungsuntersuchung.
Zudem hatte der Verdacht auf eine Zyste bestanden. Atemwegsbeschwerden
waren nicht festgestellt worden. Die zusammenfassende Bewertung
am Ende des Protokolls lautet: "mit Verkäufer besprochen,
dass Pferd zum Zeitpunkt der Untersuchung als Freizeitpferd nicht
geeignet ist wegen Lahmheit nach Belastung, deutlicher Wendeschmerz
rechts, deformierter Huf u. a.".
Nach Kaufvertragsschluss
und Übergabe des Pferdes stellte sich heraus, dass es neben
den sich aus dem Untersuchungsprotokoll ergebenden Beeinträchtigungen
außerdem unter der Atemwegserkrankung COB leidet, die aufgrund
einer deutlich erschwerten Atmung die Nutzbarkeit des Pferdes
erheblich bis gänzlich einschränkt.
Daher entschied
das Gericht:
Der Kläger hat
gegen die Beklagte zunächst einen Anspruch auf (Rück-)Zahlung
des Kaufpreises. Infolge arglistiger Täuschung des Klägers
durch die Beklagte ist der Kaufvertrag als von Anfang an nichtig
anzusehen.
Zwar verheimlichte
die Beklagte nicht, dass das Pferd eine Fehlstellung im Bereich
des linken Vorderhufes hat. Allerdings verharmloste sie die möglichen
Folgen dieser Fehlstellung insbesondere im Hinblick auf die Brauchbarkeit
des Pferdes als Freizeitpferd, zu dessen Zweck der Kläger
das Pferd offenkundig zu erwerben beabsichtigte. Sie schilderte
zwar zum einen detailliert, dass im Rahmen der tierärztlichen
Ankaufsuntersuchung ein "leichtes" Lahmen aufgetreten
sei und die Fehlstellung auf dem Röntgenbild deutlich zu
sehen sei. Zum anderen gibt sie jedoch an, der Tierarzt hätte
sich dahingehend geäußert, dass er erstaunt wäre,
wie gut das noch aussähe und dass Pferde dieser Rasse und
dieses Alters fast alle so aussähen. Diese Aussagen erwecken
den Anschein, dass Pferd sei trotz seiner Fehlstellung ohne Weiteres
zumindest für Ausritte in gemächlichem Tempo und von
nicht übermäßiger Dauer geeignet. Tatsächlich
hat der untersuchende Tierarzt die Beklagte bei der Untersuchung
jedoch darauf hingewiesen, dass das Pferd - wie später auch
im Untersuchungsbericht angegeben - aufgrund der Fehlstellung
im linken Vorderhuf und der Lahmheitserscheinungen auf dem rechten
Vorderfuß für die Nutzung als Freizeitpferd nicht geeignet
war. Von der Aussage, alle Pferde dieser Rasse und dieses Alters
sähen so aus, distanzierte sich der Zeuge K; die Aussage,
er sei "überrascht gewesen, dass das noch so gut aussähe"
habe sich allenfalls auf das Verhältnis des röntgenologischen
Befundes zu dem äußerlich sehr deutlich erkennbaren
deformierten Huf bezogen. In der E-Mail sehe er sich nicht "vollständig
zitiert". Zwar belastete der Zeuge die Beklagte, indem er
bekundete, sich hinsichtlich der Ungeeignetheit des Pferdes als
Freizeitpferd deutlicher ausgedrückt zu haben. Auf der anderen
Seite gab er jedoch auch an, dass der Kläger durchaus hätte
hellhörig werden können oder müssen aufgrund der
E-Mail, in der immerhin auf die Lahmheit hingewiesen worden war.
Die klare Aussage des Tierarztes, die ersichtlich von erheblichem
Interesse für den Kläger war, enthielt die Beklagte
dem Kläger vor. Indem sie zwar durchaus detailliert von der
Untersuchung berichtete, jedoch die Kernaussage verschwieg, erweckte
sie vorsätzlich bei dem Kläger die Vorstellung, die
festgestellten Beeinträchtigungen seien weniger gravierend
und beeinträchtigten nicht den beabsichtigten Gebrauch als
Freizeitpferd. Bei vollständiger Unterrichtung des Klägers
hätte dieser aller Wahrscheinlichkeit nach den Kaufvertrag
nicht abgeschlossen. Mit ihren unvollständigen Angaben hat
die Beklagte den Kläger vorsätzlich zur Abgabe dessen
später erfolgreich angefochtenen Willenserklärung bewegt.
Darüber, ob das Pferd bereits bei Gefahrübergang an
einer COB litt und die Beklagte trotz Kenntnis über diesen
Umstand, den Kläger nicht entsprechend aufgeklärt hat,
und auch darüber, inwieweit sich daraus möglicherweise
ein Sachmangel des Pferdes ergäbe, da als vertragliche Beschaffenheit
vereinbart wurde, dass das Pferd keine Krankheiten hat, musste
das Gericht daher nicht mehr entscheiden.
Der Kläger hat darüber hinaus einen Anspruch auf Zahlung
weiterer Kosten. Hat - wie hier - die Beklagte aufgrund einer
vorvertraglichen Pflichtverletzung die Unwirksamkeit des Vertrages
zu vertreten, so ist der Kläger so zu stellen, wie er ohne
die Pflichtverletzung gestanden hätte; grundsätzlich
ist davon auszugehen, dass ohne die Pflichtverletzung der Vertrag
nicht zustande gekommen wäre. Ohne Kaufvertragsabschluss
wäre die Eigentumsübertragung nicht durchgeführt
worden und die aufgewandten Unterstellungs- und Arztkosten wären
dem Kläger nicht entstanden.
Ferner war festzustellen, dass der Kläger auch einen Anspruch
gegen die Beklagte auf Ersatz etwaiger weiterer dem Kläger
entstandenen oder noch entstehenden Schäden aufgrund der
arglistigen Täuschung hat. Die Schadensentwicklung dauert
noch an, da sich das Pferd noch bei dem Kläger befindet und
weiterhin Kosten verursacht.
Eine Rechtsschutzversicherung
kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit
von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch
der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen
bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist, zumal außergerichtliche
Anwaltskosten des Angegriffenen meist nicht vom Angreifer zu erstatten
sind.
Grundsätzlich
sollte man seine Ansprüche nicht ohne rechtlichen Beistand
verfolgen, gleiches gilt naturgemäß für die Verteidigung
gegen vermeintliche Ansprüche. Hilfe bei der Anwaltssuche
bietet der Deutsche Anwaltsverein unter www.anwaltsauskunft.de.
RA Frank Richter, www.richterrecht.com
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